Haarausfall nach Geburt stoppen: Bewährte Tipps einer Hebamme
Erleben Sie Haarausfall nach der Geburt Ihres Kindes? Diese Erfahrung kann sehr verunsichernd sein, besonders wenn Sie jeden Morgen Haarbüschel auf dem Kissen oder in der Bürste finden. Tatsächlich ist dieses Phänomen weitaus verbreiteter als viele denken - in einer Schweizer Befragung gaben 20 Prozent der Frauen zwischen 30 und 49 Jahren eine Schwangerschaft als Auslöser für Haarprobleme an.
Der hormonelle Haarausfall beginnt typischerweise 3 bis 5 Monate nach der Entbindung und kann bis zu 9 Monate andauern. In manchen Fällen erleben Frauen einen extremen Haarausfall, der sogar bis zu einem Jahr anhalten kann. Allerdings gibt es Grund zur Beruhigung: Es fallen lediglich die Haare aus, die Sie während der Schwangerschaft nicht verloren haben. In diesem Artikel teile ich als Hebamme bewährte Tipps mit Ihnen, wie Sie mit dem Haarausfall nach der Geburt umgehen können und wann Sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen sollten.
Warum Haarausfall nach der Geburt ganz normal ist
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Die hormonellen Veränderungen in Ihrem Körper sind der Hauptgrund für den Haarausfall nach der Geburt. Während der Schwangerschaft steigt Ihr Östrogenspiegel deutlich an. Dieses Hormon wirkt sich nicht nur positiv auf die Entwicklung Ihres Babys aus, sondern beeinflusst auch Ihre Haare.
Grundsätzlich durchläuft jedes Haar einen dreiphasigen Zyklus aus Wachstum, Ruhe und Ausfallen. Das erhöhte Östrogen während der Schwangerschaft verlängert die Wachstumsphase (Anagenphase) der Haarfollikel erheblich. Dies führt dazu, dass Ihre Haare länger in der Kopfhaut verwurzelt bleiben und Sie deutlich weniger Haare verlieren als üblich. Ab etwa der zweiten Schwangerschaftshälfte bemerken viele Frauen daher eine fülliger werdende Haarpracht.
Nach der Entbindung kehrt Ihr Hormonspiegel jedoch rasch zum Niveau vor der Schwangerschaft zurück. Der plötzliche Abfall des Östrogenspiegels bewirkt, dass zahlreiche Haarfollikel gleichzeitig in die Ruhephase (Telogenphase) übergehen. Etwa zwei bis vier Monate später beginnen diese Haare auszufallen. Medizinisch bezeichnet man dieses Phänomen als "telogenes Effluvium" oder "postpartales Effluvium".
Der verstärkte Haarausfall setzt normalerweise drei bis fünf Monate nach der Geburt ein und kann bis zu neun Monate anhalten. In manchen Fällen kann diese Phase sogar bis zu 15 Monate dauern, wobei sich das Haarwachstum bei den meisten Frauen innerhalb eines Jahres wieder normalisiert.
Übrigens hat dieser Prozess nichts mit dem Stillen zu tun. Allerdings verläuft bei stillenden Müttern die Hormonumstellung manchmal langsamer, wodurch der Haarausfall später einsetzen kann als bei nicht stillenden Frauen – bei manchen sogar erst nach dem Abstillen.
Wichtig zu verstehen ist: Bei diesem Haarausfall handelt es sich nicht um einen krankhaften Prozess. Es fallen lediglich die Haare aus, die während der Schwangerschaft nicht verloren wurden. Ihre Haardichte kehrt damit auf den ursprünglichen Stand vor der Schwangerschaft zurück. Der extreme Haarausfall kann zwar beunruhigend wirken, ist jedoch ein völlig natürlicher Vorgang, der ohne Behandlung abklingt, sobald sich Ihr Hormonhaushalt wieder eingependelt hat.
Bewährte Tipps einer Hebamme gegen Haarausfall
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Als Hebamme werde ich oft gefragt, was gegen den lästigen Haarausfall nach der Entbindung hilft. Obwohl der hormonell bedingte Haarausfall weder komplett verhindert noch gestoppt werden kann, gibt es dennoch wirksame Methoden, um diesen Prozess zu unterstützen und die Haare zu stärken.
Schonende Haarpflege steht an erster Stelle. Verwenden Sie milde, sulfatfreie Shampoos, die Ihre Kopfhaut nicht zusätzlich reizen. Falls Sie längeres Haar haben, tragen Sie es möglichst offen – ein strammer Zopf verstärkt die mechanische Belastung und kann zum schnelleren Haarausfall führen. Verzichten Sie außerdem auf chemische Behandlungen wie Färben sowie auf Hitze beim Styling durch Föhn, Glätteisen oder Lockenstab.
Eine nährstoffreiche Ernährung bildet die Grundlage für gesundes Haarwachstum. Achten Sie besonders auf eisenreiche Nahrungsmittel, da ein Eisenmangel nach der Geburt den Haarausfall verstärken kann. Ebenso wichtig sind Zink, Biotin, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und schwefelhaltige Aminosäuren. Eine proteinreiche Kost mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten versorgt Ihre Haare mit allen wichtigen Bausteinen.
Gönnnen Sie Ihrem Körper ausreichend Ruhe. Nach der Geburt braucht Ihr Organismus Zeit zur Regeneration. Schlafmangel und Stress können den Haarausfall zusätzlich fördern. Versuchen Sie daher, immer dann zu schlafen, wenn auch Ihr Baby schläft.
Ein Hebammengeheimtipp: Kieselerde kann sowohl innerlich als Nahrungsergänzung als auch äußerlich als Gel angewendet werden. Massieren Sie das Kieselerdegel zusammen mit Ihrem Shampoo in die Kopfhaut ein oder nutzen Sie es wie eine Haarkur für 15 Minuten.
Bei extremem Haarausfall, der deutlich mehr als 100 Haare täglich umfasst, oder wenn der Haarverlust auch nach einem Jahr nicht nachlässt, sollten Sie ärztlichen Rat einholen. Oft kann ein Bluttest klären, ob ein Eisenmangel oder eine Schilddrüsenfunktionsstörung vorliegt, die behandelt werden sollte.
Wann Sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen sollten
Obwohl der Haarausfall nach der Geburt ein normaler Prozess ist, gibt es Situationen, in denen Sie besser einen Arzt aufsuchen sollten. Der Hauptindikator ist die Zeit: Dauert der Haarausfall länger als sechs Monate nach der Entbindung an, ist ein Arztbesuch ratsam. Nach spätestens einem Jahr sollte Ihr Haarwachstum wieder dem Zustand vor der Schwangerschaft entsprechen.
Achten Sie zudem auf die Menge der ausgefallenen Haare. Während bis zu 100 Haare täglich als normal gelten, deutet ein darüber hinausgehender Verlust auf ein mögliches Problem hin. Falls Sie sogar kahle Stellen bemerken oder die Haare büschelweise ausfallen, sollten Sie unverzüglich ärztlichen Rat einholen.
Hinter anhaltendem Haarausfall können verschiedene gesundheitliche Probleme stecken. Besonders häufig sind:
- Schilddrüsenfunktionsstörungen, die sich während oder nach der Schwangerschaft entwickeln können
- Eisenmangel oder Anämie, oft durch Blutverlust bei der Geburt verstärkt[161]
- Zinkmangel oder andere Nährstoffdefizite[161]
- Hormonelle Ungleichgewichte, die über die normale postpartale Phase hinausgehen
Ihr Frauenarzt, Hausarzt oder ein Dermatologe kann bei anhaltendem Haarausfall helfen. Zunächst wird eine ausführliche Anamnese durchgeführt, bei der nach Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme und Schwangerschaftsverlauf gefragt wird.
Darüber hinaus sind folgende Untersuchungen möglich:
- Blutuntersuchungen zur Bestimmung von Eisenwerten, Schilddrüsenhormonen und anderen relevanten Parametern[144]
- Haarzugtest (Epilationstest), bei dem geprüft wird, wie leicht sich die Haare lösen[144]
- Trichogramm - eine mikroskopische Untersuchung der Haarwurzeln[144]
- In manchen Fällen auch eine Gewebeprobe der Kopfhaut
Falls Ursachen wie Eisenmangel festgestellt werden, kann Ihr Arzt entsprechende Präparate verschreiben. Bei hormonellen Problemen ist manchmal eine Hormontherapie hilfreich, allerdings sind die Möglichkeiten aufgrund potenzieller Nebenwirkungen oft begrenzt.
Der Verlust der Haare kann psychisch sehr belastend sein. Viele Betroffene ziehen sich aus ihrem sozialen Umfeld zurück und verlieren an Selbstvertrauen. Scheuen Sie sich deshalb nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn der Haarausfall Ihr Wohlbefinden beeinträchtigt.
Fazit
Der Haarausfall nach der Geburt mag zunächst beunruhigend wirken, tatsächlich handelt es sich aber um einen völlig natürlichen Prozess. Wie Sie nun wissen, resultiert dieser Haarverlust aus hormonellen Veränderungen, die sich nach einiger Zeit wieder normalisieren. Die meisten Frauen erleben etwa drei bis fünf Monate nach der Entbindung einen verstärkten Haarausfall, der allerdings innerhalb eines Jahres abklingt.
Während dieser Zeit können Sie Ihre Haare durch schonende Pflege, ausgewogene Ernährung und ausreichend Ruhe unterstützen. Besonders wichtig erweist sich dabei die Versorgung mit Eisen, Zink und Biotin. Mein Tipp als Hebamme bleibt die Anwendung von Kieselerde – ein bewährtes Mittel zur Stärkung der Haarstruktur.
Falls der Haarausfall jedoch länger als sechs Monate anhält oder Sie mehr als 100 Haare täglich verlieren, sollten Sie unbedingt ärztlichen Rat einholen. Dahinter könnte sich ein Nährstoffmangel oder eine Schilddrüsenfunktionsstörung verbergen, die medizinische Behandlung erfordert.
Vergessen Sie nicht: Diese Phase ist vorübergehend. Ihre Haare werden nachwachsen und zur ursprünglichen Fülle vor der Schwangerschaft zurückkehren. Geduld spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Genießen Sie stattdessen die wertvolle Zeit mit Ihrem Neugeborenen – bald werden sowohl Ihr Körper als auch Ihre Haare wieder ins Gleichgewicht kommen.